Binz 2012...und jedes Molekül bewegt sich

Als ich am diesjährigen Campustag von einer Freundin gefragt wurde, ob ich mit zur Einführungsveranstaltung des Celebrate Chors komme, hatte ich keine wirkliche Vorstellung, was auf mich zukommen würde. Aber schon nach den ersten Proben stellte ich fest, wie lustig und locker das Klima im Chor ist und wieviel Freude es einem bereitet, einfach dabei zu sein. Daher habe ich auch nicht lange gezögert, als es um die Anmeldung für das Großereignis des Chorsemesters ging: Die Chorfahrt!

Los ging es am Freitag den 23. November. Ob mit Bahn oder Auto, ob groß oder klein -  das außerhalb der Saison sehr verschlafene Örtchen namens Binz zog an dem Wochenende eine Horde gesangsverrückter Menschen an. Für die Bahnfahrer ging es nachmittags am Rostocker Hauptbahnhof los, und nach einer kurzweiligen Reise mit nur einem Umstieg auf Rügen waren wir schon in Binz. Nachdem jeder sein Domizil eingerichtet hatte, ging das große Krabbeln los: Schnell wurden die nächsten Supermärkte überrannt und Einkaufswagen als Langstreckentransportmittel umfunktioniert. Versorgt mit ausreichend Knabber- und Trinkrationen stand dann auch schon das erste Abendessen an. Hier war ich ziemlich überrascht von der Fülle an Essen und Trinken seitens der Jugendherberge.

Als dann auch der letzte Hunger gestillt war, fing das Kennenlernen an. Schließlich waren viele neue Gesichter dabei. Lob geht hierbei an die beteiligten Organisatoren, die für alles gesorgt hatten: Die einzigartigen Namensklammern und die vielen Kennenlernspiele haben wunderbar dazu beigetragen, dass auch der Letzte auftaute und man sich ein wenig beschnuppern konnte. Zusätzlich waren die Spiele (à la „finde alle Vegetarier“ und das "Mörderspiel") eine schöne Abwechslung zum eigentlichen Spaß: den Chorproben. Schon am Freitag Abend trällerten wir mit voller Motivation los. Das Ambiente war einfach fantastisch: der "blaue Saal" mit seinen hohen Decken, den Kronleuchtern, dem Klavier im Mittelpunkt und ein direkter Meeresblick, wenn man aus den Fenstern schaute.

Als wir dann so einige Stücke geprobt und ein neues Lied eingeübt hatten, ließen wir es uns gut gehen. Kurzum verwandelte sich der Saal in eine Partymeile, deren Musikanlage wir waren: Bis spät in die Nacht, oder früh in den morgen - das mag im Auge  des Betrachters liegen - sangen und tanzten wir, was das Zeug hält. Ein unerschöpflicher Martin und ein unerschöpflicher Jan begleiteten das ganze auf dem Klavier. Zusätzlich sorgte ein Cajon für den ordentlichen "Wumms". Dabei war es für uns Erstis nicht immer einfach, den Texten und der Melodie der zu folgen. Schließlich wurde kein Lied des Chorarchivs ausgelassen. Trotzdem summten wir einfach mit, denn irgendwas kam dabei schon raus :). Irgendwann im Morgengrauen waren auch die letzten Mohikaner in den Betten, wogegen ich "schon" um 3 Uhr im Bett lag. Schlaf war trotzdem Mangelware: Erst die vielen Sinneseindrücke, dann noch die „Partycrowd“, die nach und nach in ihre Betten fiel :P. Ich erinnere mich an ein Handy, dass um 6 Uhr morgens alle 5 Minuten klingelte und dessen Herrchen in Sachen Aufstehen ein wenig übermotiviert war :D.

Nichtsdestotrotz stand Samstag natürlich das volle Programm an – und nach einer kalten Dusche war ich wieder fit. Frühstück ab 8, Chorprobe, Mittagessen und noch eine Probe- und vieles mehr. Einige verschlug es in den kreativen Schaffenspausen dazwischen zu einem Strandspaziergang, andere einfach nur ins Bett – Wer durch die Jugendherberge flanierte, konnte aus so manchen Ecken hören, wie sich die Teilnehmer der abendliche Talentshow vorbereiteten. So fragte mich Andrei am gleichen Tag noch, ob ich ihn nicht zu seinem estländischen Lied auf Gitarre begleiten könnte. Diese spontane Idee wurde Nachmittags in die Praxis umgesetzt. Doch schon hier merkte ich, wie sich Schlafentzug auf die Konzentration auswirkte:
Where is my mind?

Diese Frage stellten sich viele während der abendlichen Chorprobe als es hieß: Männerstück/Frauenstück. Die Männer machten einen auf „James Bond“, während die Frauen sich ganz dem Slogan „Hakuna Matata“ widmeten. Dabei war die Ausdauer der StimmgruppenleiterInnen bemerkenswert. Immerhin quetschten sie noch die letzten Töne aus uns heraus, wo die meisten doch nur noch im Energiesparmodus funktionierten. Trotzdem hatten wir immer mal wieder was zu lachen und wurden nach einer gefühlten Ewigkeit erlöst. Schließlich konnten wir den Abend im Saal mit jeder Menge Unterhaltung ausklingen lassen.
Im Nachhinein ist es nicht einfach, einen Höhepunkt dieser Chorfahrt auszumachen. Wenn man ihn bestimmen müsste, wäre er für mich die Samstag Nacht gewesen. Nach einigen Stunden Noten-Pauken, ging es los mit einer exklusiven Talentshow, bei der jeder nach Lust und Laune etwas präsentieren konnte. Neben einigen Gesangsvorstellungen gab es noch: eine etwas andere Aschenputtel Theaterversion (mit Maddin, dem Prinzen :D), zum Lachen oder Nachdenken anregende Gedichte oder einfach nur ein wenig Klamauk. Respekt gilt hierbei den mutigen Teilnehmenden, denn für so manch einen gehörte dazu sicherlich einiges an Überwindung und Nerven!

Schließlich war es wieder mal Mitternacht - und es wurde immer emotionaler: Jan bekam ein Geburtstagsständchen und dem Hochzeitspaar Judith und Matze wurde eine beeindruckende Version des Liedes „Tanz der Moleküle“ von Mia präsentiert. Wenn nicht schon vorher, wurden hier die letzten Gefühle aus uns herausgelockt. In diesem Moment wurde mir nochmal richtig bewusst, wie wichtig der Chor für viele von uns ist. Mit dem Gedanken, dass dies die letzte Nacht auf dieser Insel sein würde, sangen und feierten wir ausgiebig und in ähnlich starker Besetzung, wie in der vorherigen Nacht. Zu erwähnen seien dabei noch ein paar Wagemutige, die in ihrer Euphorie ein spätes Bad in der Ostsee nahmen.

Der Sonntag fiel dagegen recht ruhig aus und nach einem Frühstück traten wir zur letzten Chorprobe an, bei der in einem Kanon nochmal ausführlich über die Größe von Bäumen und Elefanten philosophiert und gestikuliert wurde. Auf der Rückfahrt wiederholte sich letzteres. Einer stimmte den Kanon an und plötzlich sang die ganze Gruppe, während wir durch einen Bahnhofsdurchgang gingen. Als auch die letzte Note gesungen war und wir zum „Zeittotschlagen“ ein Burger King überrannten, kamen wir am späten Sonntagnachmittag in Rostock an.



Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Musik im menschlichen Körper wie eine Droge wirkt. Ich denke, wir können zum Ergebnis kommen, dass die Versuchsreihe „Chorfahrt nach Binz“  mit ungefähr 120 Testpersonen genau dies bestätigt hat. Die Chorfahrt war für mich wie ein Ausflug in einen Mikrokosmos außerhalb des Alltags. Dieser Mikrokosmus besteht vor allem aus drei Dingen: gute Musik, ausgelassene Nächte und nette Menschen mit einer großen Portion gute Laune. Ein Wochenende lang konnten wir von dem zehren, was uns Freude bereitet. Genau deswegen bleibt für mich dieser erste Ausflug mit dem CELEBRATE Chor unvergesslich – und ich denke für alle anderen Teilnehmenden ebenfalls. Danke!